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„Wie kann man nur Essen auf Facebook posten?“ Solche Worte höre ich von Freunden des Öfteren. Und zeige ich auch Verstädnis für ihre qualvollen Gesichtszüge. Denn welchen moralischen Hintergrund hat schon ein Bild von einem Döner mit Pommes, wo der Kommentar nur auf die Worte „Leckerschmecker“ fixiert ist. Die Fragwürdigkeit mancher FB Bilder und die Notwendigkeit der Mitteilungspflicht ist auf psychologischer Ebene ein interessantes Themenfeld, mit dem man sich lange beschäftigen kann.
Andere Länder, andere Esskulturen?
Ihr habt sicherlich schon bemerkt, dass ganze Nationen mit ihren Spezialitäten in Verbindung gebracht werden. Der Franzose isst laut den Klischees gern Baguettes und Croissants, wird aber auch mit Froschschenkeln konfrontiert. Weißwurst, Bier, Knödel und Schweinebraten isst der Deutsche besonders hier gern und lässt es über sich ergehen, wenn die Engländer sie als Krauts bezeichnen. Deren Esskultur ist aber auch nicht besonders gut, wenn man die alten Schulbücher in Englisch mal durchliest. Milch mit Tee kann man noch genießen. Fish & Chips ist nicht jedermanns Geschmack, eignet sich wenig zum Prahlen auf Facebook, ist aber in meinen Augen durchaus lecker! Aber was suchen die Bratwürste auf dem Frühstückstisch? Solche Bilder würde man wiederum gern posten, um eine Nation an den Pranger zu stellen.
Und was die Leute in den USA essen, ist eh klar. McDonalds, KFC, Pizza Hut – am besten alles mit 2Liter Cola Becher und in XXL Supersize Verpackung! Die Realität über die Esskultur der Vereinigten Staaten ist durchaus von einer hohen Dichte an Fastfood Restaurant verbunden. Dennoch täuscht es nicht über die Tatsache hinweg, dass in Amerika die Küche von einer Multikulti Gesellschaft geprägt ist! Spanier, Chinesen, Vietnamesen, Engländer, Deutsche, Inder, Afroamerikaner bevölkern ein sehr vielschichtiges Land und lassen sich durchaus nicht nur von McDonalds durchfüttern, sondern haben ihre Esskultur aus ihrer ursprünglichen Heimat ihrer Vorfahren mitgenommen. Und das kann sich sehen lassen.
Ein Blick in die Top 50 Restaurants gibt auch einen Einblick über die Stärken der Restaurants. Das Eleven Madison Park aus New York ist laut http://www.theworlds50best.com/list/1-50-winners auf Platz 5 der besten Restaurants und aus Neugier möchte man doch erfahren, was für 225 Dollar pro Person denn so geboten wird. Die Neugier führt mit der Zeit auch auf Facebook, wo neben dem Essen das Ambiente und die Gäste auf den Bildern fotografiert werden! Und dann versteht man die Welt, die das Nobelrestaurant bedient. Das Publikum hat nicht wenig Geld, sie gehören der Oberschicht an, tragen Anzüge, teure Kleider und Schmuck und haben aus ihrer Welt was zu berichten, während der Chefkoch und seine Angestellten sie hervorragendem Essen bedient! Die wunderbare Cuisine ist hier im Album unter http://www.theworlds50best.com/list/1-50-winners sehr schön zu sehen.
Auch Ekelbilder ziehen viele Besucher an
Dass man auch durch ekliges Essen sehr viele Anhänger bekommen kann, beweist diese Facebookseite hier unter https://www.facebook.com/pages/Wir-fotografieren-unser-Essen-Residenz-Seniorenheim-Krankenhaus/476586982498564?fref=ts . Anhand von Essensfotos aus Pflegeeirichtungen soll auf die Zustände in den Heimen aufmerksam gemacht werden. Diese Bilder wecken andere Emotionen, sorgen für Bestürzung und wollen wachrütteln! Die Kommentare sind teilweise ein wenig zum Schmunzeln, die Realität ist aber alles andere als lustig. Und ausgerechnet diese Ekelbilder sorgen für viele Likes (sogar viel mehr als jedes Gourmetgericht vom Michelinkoch) und das ist nicht verwunderlich, wenn man skandalöse Zustände und die starke Interaktion viele Menschen, die sich mit dem Thema identifizieren ansieht. Die Macht der Social Communities auf Facebook lässt den Michelinkoch nicht bessere Gerichte zubereiten. Doch sie zeigt die Zustände in der Gastronomie auf. Restaurants, Imbissstuben und Fastfood-Ketten können sich ein schlechtes Image auf gar keinen Fall leisten. Das wäre der Tod eines Geschäftsbetriebs!
Unsere Esskultur in sozialen Netzwerken
Schon mal die Straße entlanggelaufen und die Werbeplakate oder die TV Werbesendungen angesehen? Käse, Wurst, Brotaufstrich, Kaffee, Pizza, Pizza-Burger, Joghurt – für fast alle Lebensmittelsorten gibt’s eine Werbebotschaft. Dann stellt man sich wiederum die Frage, ob die Leute das abstoßend finden, dass Bilder vom Essen in überdimensionaler Größe auf der Straße zu sehen ist! Kommt die Botschaft rüber, sogt das für positive Signale. Verstehen wir die Botschaft nicht, kommt sie unter Umständen schlecht rüurber. Warum posten die Leute also die Bilder vom Essen auf Facebook? Jedes Essen hat einen bestimmten kulturellen Wert und verbunden mit dem Ambiente stellen die Fotos eine Besonderheit dar.
Ein Gourmetgericht hat auf optischer Sicht einen ästhetischen Wert. Der Fisch wurde mit großen Aufwand gefangen, das Gemüse in mühevoller Arbeit hergerichtet und das Endresultat ein optisches Feuerwerk, das positive Gefühle hervorweckt. Wir reden manchmal stundenlang über die ideale Umsetzung eines Gerichts: dazu gehört die passende Mschung mit den Gewürzen, das Ergänzen mit einigen weiteren Lebensmitteln, zählen sogar die Kalorien und achten streng darauf, dass die Lebensmittel auch wirklich zusammengehören, obwohl wir womöglich allergisch darauf reagieren oder schlechte Erfahrungen mit einigen Zutaten gesammelt haben. Selbst gegrillter Schweinebraten von Vinzenzmurr kann ästhetisch sein und das 100 Euro Gericht vom Edelitaliener in Sachen Geschmack schlagen. Aber es geht nicht nur um Geschmack, sondern teilweise auch die Zugehörigkeit einer sozialen Schicht. Bei der Zubereitung von Bio-Fleisch wird das Gespräch nicht zwangsweise auf den Preis gerichtet, sondern auf die Beschaffenheit der Qualität! Ich mache auch die Beobachtung, dass Menschen, die nicht der reichen Oberschicht gehören, auch in Gourmetrestaurants gehen und das teure Essen bestellen. Mit dem Posten des bestimmten Bildes wollen sie unter anderem auch zeigen, dass sie die Esskultur verstehen, dass sie einen ausgeprägten Geschmack für gutes Essen haben und dass ihre Wahl ideal war.
Aber auch festliche Anlässe geben uns die Möglichkeit, im Kreis unserer Familie und Freunde, optische Kreationen zu erschaffen. Dafür muss man kein Mitglied der oberen Sicht sein! Diese Fotos drücken unter Umständen auch Verbundenheit mit unseren Mitmenschen aus! Schließlich steht man zusammen in der Küche, backt und kocht zusammen und zeigen der Welt in gewisser Weise auch unser Wohlbefinden!
In unserer Gesellschaft wird das Essen zu sehr in die Funktion der Verdauung gesetzt. Schmecken soll es und genießbar soll es auch aussehen! Was wir aber manchmal verlernen ist die Komposition des Essens im Zusammenspiel! Lachsfilet kann man nicht allein essen – es muss mit anderen Zutaten wunderbar harmonieren. Und das heißt nicht Fleisch neben Gemüse, Reis und Sauce, Pommes mit Salz! Es ist vielmehr die Frage, welche anderen Lebensmittelzutaten neben dem Barsch ein wundervolles Zusammenspiel erleben. Es ist auch eine Frage: Wieviel von der Würze muss ich worauf streuen, damit das Essen wunderbar schmeckt! Passt Thymian, passt Koriander, verleiht Knoblauchpulver dem Essen einen anderen Geschmack, wieviel Flüssigkeit vom Nudeltopf soll ich übrig lassen und in die Tomatensauce mischen. Experimentierfreude ist die Kunstart, mit der Köche ihre Werke vollenden. Man sind sie misslungen, ein anderes Mal sind sie eine Gaumenfreude!
In diesem Sinne: Bon appetit!